Kirchenmütter
Hier eine kleine Auflistung bedeutender Theologinnen - beeindruckende Persönlichkeiten in alphabetischer Reihenfolge
Elisabeth Ursula Heintke, Pastorin in Berge
Geboren 18. Januar 1925 in Zwickau – gestorben 13. März 2013 in Quakenbrück
„Kopfrechnen schwach, Religion gut.“
Dieses in kirchlichen Kreisen geflügelte Wort traf auf Pastorin Ursula Heintke überhaupt nicht zu. Im Gegenteil: Ursula Heintke, geboren am 18. Januar 1925 in Zwickau, ist eine interessierte und begabte Naturwissenschaftlerin, erwirbt in dieser Fachrichtung als Jahrgangsbeste das Abitur 1943 in ihrer sächsischen Heimatstadt und studiert zwei Semester Mathematik, Physik und Chemie an der Technischen Hochschule Dresden. Deren Betrieb kommt durch die Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 zum Erliegen.
Ursula Heintke erlebt das Inferno am eigenen Leib mit. Auf für sie rational unerklärliche Weise wird sie aus dem Luftschutzkeller „herausgeführt“, bevor die Feuerwalze jenen erfasst. Das Geheimnis ihrer Errettung führt sie auf einen Engel zurück und macht sie gewiss: Es gibt Engel!
Manchmal hat sie davon in schlichten, überzeugenden Worten als überlebende Zeitzeugin des unsäglichen Zweiten Weltkrieges bei einer Bibelarbeit auf den Kirchenkreiskonferenzen oder in einem persönlichen Gespräch erzählt.
Das waren jedes Mal bewegende Momente.
Um nach dem Krieg ihren Lebensunterhalt zu verdienen, unterrichtet Ursula Heintke Naturwissenschaften an einer Oberschule in Zwickau. Anfeindungen wegen ihres christlichen Lebenswandels veranlassen sie, ihre Lehrtätigkeit nach kurzer Zeit aufzugeben.
„Kopfrechnen schwach, Religion gut.“
Dieses in kirchlichen Kreisen geflügelte Wort traf auf Pastorin Ursula Heintke überhaupt nicht zu. Im Gegenteil: Ursula Heintke, geboren am 18. Januar 1925 in Zwickau, ist eine interessierte und begabte Naturwissenschaftlerin, erwirbt in dieser Fachrichtung als Jahrgangsbeste das Abitur 1943 in ihrer sächsischen Heimatstadt und studiert zwei Semester Mathematik, Physik und Chemie an der Technischen Hochschule Dresden. Deren Betrieb kommt durch die Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 zum Erliegen.
Ursula Heintke erlebt das Inferno am eigenen Leib mit. Auf für sie rational unerklärliche Weise wird sie aus dem Luftschutzkeller „herausgeführt“, bevor die Feuerwalze jenen erfasst. Das Geheimnis ihrer Errettung führt sie auf einen Engel zurück und macht sie gewiss: Es gibt Engel!
Manchmal hat sie davon in schlichten, überzeugenden Worten als überlebende Zeitzeugin des unsäglichen Zweiten Weltkrieges bei einer Bibelarbeit auf den Kirchenkreiskonferenzen oder in einem persönlichen Gespräch erzählt.
Das waren jedes Mal bewegende Momente.
Um nach dem Krieg ihren Lebensunterhalt zu verdienen, unterrichtet Ursula Heintke Naturwissenschaften an einer Oberschule in Zwickau. Anfeindungen wegen ihres christlichen Lebenswandels veranlassen sie, ihre Lehrtätigkeit nach kurzer Zeit aufzugeben.
Das pädagogische Talent und ihren praktizierenden christlichen Glauben erwirbt sie in ihrem Elternhaus: Eltern beide Volksschullehrer, Großvater eifriger Unterstützer der Leipziger Missionsgesellschaft.
Auch ihr nächstes Anstellungsverhältnis als technische Assistentin in der Forschungsabteilung einer Zwickauer Firma kündigt sie aus eigenem Entschluss, führt es sie doch durch fehlende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz und einen medizinischen Behandlungsfehler an den Rand des Todes.
Wiederum bewahrheitet sich ihr Konfirmationsspruch als Leitmotiv ihres Lebens: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten“
(2. Timotheus 2, 8)
Auch die Glaubenswahrheit ihres Taufspruchs leuchtet in dieser Schicksalswende als Lebenswende auf: „Denn Gott hat gesagt: ‚Ich will dich nicht verlassen noch versäumen“. (Hebräer 13, 5b)
Schicksalswende – Lebenswende: sie führt Ursula Heintke nach Westdeutschland.
Sie wird Erzieherin in einem Kinderheim in Niendorf an der Ostsee. Anschließend bekommt sie eine Anstellung in der St. Sylvestergemeinde Quakenbrück – sie wird Helferin im dortigen Pfarramt.
1967 erlangt sie über das Religionspädagogische Institut der Hannoverschen Landeskirche in Loccum die Befähigung zur Religionslehrerin an Realschulen.
Es folgt 1968 die Verleihung ihrer Anstellungsfähigkeit als Gemeindehelferin im Bereich der Landeskirche.
1972 wird sie zur Pfarrverwalterin ernannt und schlussendlich erfolgt am 8. August 1972 ihre Ordination zum Dienst einer Pastorin in Berge im Kirchenkreis Bramsche, Sprengel Osnabrück.
Auch übergemeindlich engagiert sie sich. Sie ist als stellvertretende Vorsitzende des Kirchenkreises Bramsche tätig und leitet dessen Frauenarbeit.
Ursula Heintke wird die erste Pastorin des Kirchenkreises Bramsche, was sie jedoch nie hervorhob.
Im Gegenteil: So wie sie Konfirmandinnen und Konfirmanden unterrichtete, Gottesdienste feierte, Sitzungen leitete, so machten es doch auch die Pastoren. Für sie gab es da keinen Unterschied.
Feministisch-theologische Diskussionen und Genderfragen: sie ließ sich darauf ein, hörte zu, besuchte tapfer die von Landessuperintendentin Doris Jansen-Reschke ins Leben gerufenen Theologinnentage in Osnabrück und kam gerne zum Pastorinnenfrühstück im Kirchenkreis als Emerita.
Die Gemeinschaft mit ihren Amtschwestern und ihren Amtsbrüdern bedeutete ihr viel.
Zum Ende ihres fast 16 Jahre währenden Pastorinnendienstes hält sie Rückschau darauf, was ihr bei ihrer Arbeit wichtig war:
„Meine besonderen Schwerpunkte waren der Gottesdienst und der Kindergottesdienst, Seelsorge und begleitende Beratung, Haus-und Krankenbesuche, Versuch des Verständnisses zwischen den beiden Konfessionen (nicht gegeneinander, sondern miteinander) und die Gottesdienste in Börstel.
Am 1. Februar 1988 wird Ursula Heintke in den Ruhestand verabschiedet. Sie lässt sich gemeinsam mit einer treuen Freundin in Quakenbrück nieder. In den ihr verbleibenden 25 Jahren unternimmt sie viele Reisen, häufig in das von ihr geliebte Dresden. Die Wiedervereinigung ermöglicht ihr regelmäßig ihre Verwandten zu treffen. Infolge eines Sturzes ist sie auf Vollzeitpflege angewiesen und verbringt ihre letzten Lebensmonate in einem Quakenbrücker Pflegeheim.
Am 17. März 2013 stirbt sie in Frieden und wird auf dem Evangelischen Friedhof in Quakenbrück beerdigt unter dem Psalmwort „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ (Psalm 27, 1)
Pastorin Angelika von Clausewitz, Nortrup
Auch ihr nächstes Anstellungsverhältnis als technische Assistentin in der Forschungsabteilung einer Zwickauer Firma kündigt sie aus eigenem Entschluss, führt es sie doch durch fehlende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz und einen medizinischen Behandlungsfehler an den Rand des Todes.
Wiederum bewahrheitet sich ihr Konfirmationsspruch als Leitmotiv ihres Lebens: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten“
(2. Timotheus 2, 8)
Auch die Glaubenswahrheit ihres Taufspruchs leuchtet in dieser Schicksalswende als Lebenswende auf: „Denn Gott hat gesagt: ‚Ich will dich nicht verlassen noch versäumen“. (Hebräer 13, 5b)
Schicksalswende – Lebenswende: sie führt Ursula Heintke nach Westdeutschland.
Sie wird Erzieherin in einem Kinderheim in Niendorf an der Ostsee. Anschließend bekommt sie eine Anstellung in der St. Sylvestergemeinde Quakenbrück – sie wird Helferin im dortigen Pfarramt.
1967 erlangt sie über das Religionspädagogische Institut der Hannoverschen Landeskirche in Loccum die Befähigung zur Religionslehrerin an Realschulen.
Es folgt 1968 die Verleihung ihrer Anstellungsfähigkeit als Gemeindehelferin im Bereich der Landeskirche.
1972 wird sie zur Pfarrverwalterin ernannt und schlussendlich erfolgt am 8. August 1972 ihre Ordination zum Dienst einer Pastorin in Berge im Kirchenkreis Bramsche, Sprengel Osnabrück.
Auch übergemeindlich engagiert sie sich. Sie ist als stellvertretende Vorsitzende des Kirchenkreises Bramsche tätig und leitet dessen Frauenarbeit.
Ursula Heintke wird die erste Pastorin des Kirchenkreises Bramsche, was sie jedoch nie hervorhob.
Im Gegenteil: So wie sie Konfirmandinnen und Konfirmanden unterrichtete, Gottesdienste feierte, Sitzungen leitete, so machten es doch auch die Pastoren. Für sie gab es da keinen Unterschied.
Feministisch-theologische Diskussionen und Genderfragen: sie ließ sich darauf ein, hörte zu, besuchte tapfer die von Landessuperintendentin Doris Jansen-Reschke ins Leben gerufenen Theologinnentage in Osnabrück und kam gerne zum Pastorinnenfrühstück im Kirchenkreis als Emerita.
Die Gemeinschaft mit ihren Amtschwestern und ihren Amtsbrüdern bedeutete ihr viel.
Zum Ende ihres fast 16 Jahre währenden Pastorinnendienstes hält sie Rückschau darauf, was ihr bei ihrer Arbeit wichtig war:
„Meine besonderen Schwerpunkte waren der Gottesdienst und der Kindergottesdienst, Seelsorge und begleitende Beratung, Haus-und Krankenbesuche, Versuch des Verständnisses zwischen den beiden Konfessionen (nicht gegeneinander, sondern miteinander) und die Gottesdienste in Börstel.
Am 1. Februar 1988 wird Ursula Heintke in den Ruhestand verabschiedet. Sie lässt sich gemeinsam mit einer treuen Freundin in Quakenbrück nieder. In den ihr verbleibenden 25 Jahren unternimmt sie viele Reisen, häufig in das von ihr geliebte Dresden. Die Wiedervereinigung ermöglicht ihr regelmäßig ihre Verwandten zu treffen. Infolge eines Sturzes ist sie auf Vollzeitpflege angewiesen und verbringt ihre letzten Lebensmonate in einem Quakenbrücker Pflegeheim.
Am 17. März 2013 stirbt sie in Frieden und wird auf dem Evangelischen Friedhof in Quakenbrück beerdigt unter dem Psalmwort „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ (Psalm 27, 1)
Pastorin Angelika von Clausewitz, Nortrup
Erinnerungen an Doris Janssen-Reschke (1944 – 2008):
„Unerschrocken, ehrlich und einfühlsam“
Streitbar
Doris Janssen-Reschke war eine unerschrockene, streitbare Theologin: Gerechtigkeit, Transparenz der Strukturen, Beteiligung der Menschen an Entscheidungen, versteckte Probleme an die Öffentlichkeit holen – das lag ihr am Herzen. Klares Denken, klare Worte, offene Diskussionen und deutliche Positionen – daran konnte man sich reiben, sie wich dem Meinungsaustausch nicht aus. Sie sprach mutig aus, was manch andere sich nicht trauten. Sie ließ sich nicht einschüchtern und blieb standhaft auch unter wohlmeinendem Druck. Sie beharrte auf der „Mündigkeit und Freiheit eines jeden einzelnen vor Gott und den Menschen“ - so in ihrer Abschiedspredigt in Osnabrück 2007. Und „Mir ist in der Tat ganz besonders wichtig, dass die Wahrheit, um die wir kämpfen, dass diese Wahrheit immer noch vor uns liegt wie eine Verheißung, die immer noch aussteht.“
Als erste Landessuperintendentin (1998) setzte sie sich für Veränderung von Strukturen ein, um Schwachen zu helfen, Sprachlosen eine Stimme in der Öffentlichkeit zu geben und Gerechtigkeit zu fördern. Dazu gehörte die Neustrukturierung der Diakoniesozialstationen in Hannover, die Neuorganisation des Dorfhelferinnenwerkes in Niedersachsen, die Initiative zu Strukturveränderungen in Diakonischen Einrichtungen im Sprengel Osnabrück und ihr Engagement für die Gefängnisseelsorge.
Frauen fördern
Für viele Frauen in der hannoverschen Landeskirche war Doris Janssen-Reschke ein Vorbild. Um sie herum gab es ein Netzwerk von Frauen, die sie achteten und schätzten, die sich bei ihr Rat holen konnten, von ihr gefördert wurden und darum einander vertrauen: Superintendentinnen, Pastorinnen, kirchliche Mitarbeiterinnen, Synodale, Frauen in leitenden ehrenamtlichen Aufgaben. Für Frauen unserer Generation war das hohe berufliche Engagement, der Wille zur Übernahme von leitenden Positionen, auch der Wille zur Macht und zu Entscheidungskompetenz nicht immer selbstverständlich. Mit Doris Janssen-Reschke konnte ich darüber lachen, dass wir beide morgens vor dem Spiegel sagten: „Doris, du schaffst das schon.“
Einfühlsam
Wer sie nur aus der Presse, von Vorträgen und Podiumsdiskussionen her kannte – wo sie auch schroff sein konnte -, war verblüfft, wenn er sie das erste Mal als Predigerin erlebte. Insbesondere bei Ordinationen und bei Kasualien predigte sie einfühlsam, ermutigend, liebevoll, tröstend - manchmal sogar sanft. In der Bremerhavener Zeit hat sie die Krankenhausseelsorge-Ausbildung gemacht, eine Erfahrung, die sie als beglückend und befreiend beschrieben hat, und ein Aufgabenbereich, den sie besonders gerne ausgefüllt hat. Sie hatte ein offenes Ohr und nahm sich Zeit für die Nöte der Menschen, insbesondere der Pfarrfamilien bei Krankheit und Tod. Einfühlsam beriet sie Kirchenvorstände bei tiefgehenden Konflikten mit Hauptamtlichen.
Drastische Zuneigung
Wen sie richtig mochte, den und die meckerte sie hin und wieder kräftig an; das war schon mal wie eine kalte Dusche – darauf hin angesprochen, sagte sie: Richtig höflich bin ich zu den Leuten, die ich überhaupt nicht leiden kann.
Politisch nicht immer korrekt ….
Nach einem Verabschiedungsgottesdienst, bei dem der anschließende Imbiss sehr frugal ausfiel, nahm sie mich das erste Mal mit zu McDonalds: Chicken Chips mit Barbecue Sauce war ihr Lieblingsgericht.
… hinter dem Steuer unberechenbar
Es war eines der letzten Abenteuer in Niedersachsen, mit Doris Auto fahren ohne Navi: Doris am Steuer, mit Zigarette, Radio und Handy beschäftigt, fährt und redet und fährt. Ich, des Osnabrücker Landes noch unkundig, denke, die Chefin weiß schon, was sie tut und wohin sie fährt. Nach einer Weile kann ich mir allerdings einen Kommentar nicht verkneifen: „Loccum liegt meiner Meinung nach eher östlich von Osnabrück. Oder wollten wir nach Amsterdam?“
Wir werden sein wie die Träumenden
2008 ist sie im Alter von nur 64 Jahren plötzlich gestorben. Psalm 126 war ihr Bibelwort: Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein….
Diakoniepastorin Doris Schmidtke, Superintendentin a.D., Osnabrück
Doris Janssen-Reschke war eine unerschrockene, streitbare Theologin: Gerechtigkeit, Transparenz der Strukturen, Beteiligung der Menschen an Entscheidungen, versteckte Probleme an die Öffentlichkeit holen – das lag ihr am Herzen. Klares Denken, klare Worte, offene Diskussionen und deutliche Positionen – daran konnte man sich reiben, sie wich dem Meinungsaustausch nicht aus. Sie sprach mutig aus, was manch andere sich nicht trauten. Sie ließ sich nicht einschüchtern und blieb standhaft auch unter wohlmeinendem Druck. Sie beharrte auf der „Mündigkeit und Freiheit eines jeden einzelnen vor Gott und den Menschen“ - so in ihrer Abschiedspredigt in Osnabrück 2007. Und „Mir ist in der Tat ganz besonders wichtig, dass die Wahrheit, um die wir kämpfen, dass diese Wahrheit immer noch vor uns liegt wie eine Verheißung, die immer noch aussteht.“
Als erste Landessuperintendentin (1998) setzte sie sich für Veränderung von Strukturen ein, um Schwachen zu helfen, Sprachlosen eine Stimme in der Öffentlichkeit zu geben und Gerechtigkeit zu fördern. Dazu gehörte die Neustrukturierung der Diakoniesozialstationen in Hannover, die Neuorganisation des Dorfhelferinnenwerkes in Niedersachsen, die Initiative zu Strukturveränderungen in Diakonischen Einrichtungen im Sprengel Osnabrück und ihr Engagement für die Gefängnisseelsorge.
Frauen fördern
Für viele Frauen in der hannoverschen Landeskirche war Doris Janssen-Reschke ein Vorbild. Um sie herum gab es ein Netzwerk von Frauen, die sie achteten und schätzten, die sich bei ihr Rat holen konnten, von ihr gefördert wurden und darum einander vertrauen: Superintendentinnen, Pastorinnen, kirchliche Mitarbeiterinnen, Synodale, Frauen in leitenden ehrenamtlichen Aufgaben. Für Frauen unserer Generation war das hohe berufliche Engagement, der Wille zur Übernahme von leitenden Positionen, auch der Wille zur Macht und zu Entscheidungskompetenz nicht immer selbstverständlich. Mit Doris Janssen-Reschke konnte ich darüber lachen, dass wir beide morgens vor dem Spiegel sagten: „Doris, du schaffst das schon.“
Einfühlsam
Wer sie nur aus der Presse, von Vorträgen und Podiumsdiskussionen her kannte – wo sie auch schroff sein konnte -, war verblüfft, wenn er sie das erste Mal als Predigerin erlebte. Insbesondere bei Ordinationen und bei Kasualien predigte sie einfühlsam, ermutigend, liebevoll, tröstend - manchmal sogar sanft. In der Bremerhavener Zeit hat sie die Krankenhausseelsorge-Ausbildung gemacht, eine Erfahrung, die sie als beglückend und befreiend beschrieben hat, und ein Aufgabenbereich, den sie besonders gerne ausgefüllt hat. Sie hatte ein offenes Ohr und nahm sich Zeit für die Nöte der Menschen, insbesondere der Pfarrfamilien bei Krankheit und Tod. Einfühlsam beriet sie Kirchenvorstände bei tiefgehenden Konflikten mit Hauptamtlichen.
Drastische Zuneigung
Wen sie richtig mochte, den und die meckerte sie hin und wieder kräftig an; das war schon mal wie eine kalte Dusche – darauf hin angesprochen, sagte sie: Richtig höflich bin ich zu den Leuten, die ich überhaupt nicht leiden kann.
Politisch nicht immer korrekt ….
Nach einem Verabschiedungsgottesdienst, bei dem der anschließende Imbiss sehr frugal ausfiel, nahm sie mich das erste Mal mit zu McDonalds: Chicken Chips mit Barbecue Sauce war ihr Lieblingsgericht.
… hinter dem Steuer unberechenbar
Es war eines der letzten Abenteuer in Niedersachsen, mit Doris Auto fahren ohne Navi: Doris am Steuer, mit Zigarette, Radio und Handy beschäftigt, fährt und redet und fährt. Ich, des Osnabrücker Landes noch unkundig, denke, die Chefin weiß schon, was sie tut und wohin sie fährt. Nach einer Weile kann ich mir allerdings einen Kommentar nicht verkneifen: „Loccum liegt meiner Meinung nach eher östlich von Osnabrück. Oder wollten wir nach Amsterdam?“
Wir werden sein wie die Träumenden
2008 ist sie im Alter von nur 64 Jahren plötzlich gestorben. Psalm 126 war ihr Bibelwort: Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein….
Diakoniepastorin Doris Schmidtke, Superintendentin a.D., Osnabrück
Erinnerung an Elisabeth Schneemelcher (1906 – 1997):
Erste Pastorin im Osnabrücker Land
Ein Sonntag im März 1964: Der Pastor der Gemeinde Bad Rothenfelde gibt bekannt, dass Frau Vikarin Schneemelcher ab sofort den Titel „Pastorin“ trage. Er fährt dann in den Abkündigungen fort und sagt: „Den Gottesdienst am kommenden Sonntag hält Vikarin Schneemelcher.“ Wahre Begebenheit oder Legende? Versprecher oder Absicht? Das ist nicht mehr zu klären. Es zeigt aber wie ungewohnt es für den Kollegen war, auf einmal einen anderen Titel für sie zu verwenden. Elisabeth Schneemelcher hatte da schon 17 Jahre hier in Bad Rothenfelde als Pastorin gearbeitet und gewirkt.
Ihr Lebenslauf führt uns in die Geschichte des 20. Jahrhunderts zurück.
1906 wurde sie als Tochter eines Pfarrers in Berlin –Rummelsberg geboren. Das Pfarrhaus selbst war bürgerlich geprägt, aber nicht deutsch-national. Sie beschreibt es später in ihrem Lebenslauf, den sie für ihre Bewerbung in der hannoverschen Landeskirche verfasst, mit folgenden Worten:
Ein Sonntag im März 1964: Der Pastor der Gemeinde Bad Rothenfelde gibt bekannt, dass Frau Vikarin Schneemelcher ab sofort den Titel „Pastorin“ trage. Er fährt dann in den Abkündigungen fort und sagt: „Den Gottesdienst am kommenden Sonntag hält Vikarin Schneemelcher.“ Wahre Begebenheit oder Legende? Versprecher oder Absicht? Das ist nicht mehr zu klären. Es zeigt aber wie ungewohnt es für den Kollegen war, auf einmal einen anderen Titel für sie zu verwenden. Elisabeth Schneemelcher hatte da schon 17 Jahre hier in Bad Rothenfelde als Pastorin gearbeitet und gewirkt.
Ihr Lebenslauf führt uns in die Geschichte des 20. Jahrhunderts zurück.
1906 wurde sie als Tochter eines Pfarrers in Berlin –Rummelsberg geboren. Das Pfarrhaus selbst war bürgerlich geprägt, aber nicht deutsch-national. Sie beschreibt es später in ihrem Lebenslauf, den sie für ihre Bewerbung in der hannoverschen Landeskirche verfasst, mit folgenden Worten:
„ In meinem Elternhaus lernte ich von klein auf ein fröhliches und selbstverständliches Christentum kennen. Durch den Beruf meines Vaters und durch seine Stellung als Anstaltspfarrer sowie als Generalsekretär des evangelisch-sozialen Kongresses hörte ich als Kind schon vieles über soziale Fragen, was nicht ohne Einfluss auf meine weitere Entwicklung blieb.“
1927 legte sie an einem humanistischen Mädchengymnasium ihr Abitur ab.
„ Schon immer war es mein Wunsch, als Lebensberuf ein kirchliches Arbeitsfeld zu wählen. So entschloss ich mich, Theologie zu studieren, um Vikarin zu werden.“
Das bedeutete 1927 die Entscheidung für ein Leben in der zweiten Reihe. Für Frauen wie Elisabeth Schneemelcher war es schon ein Fortschritt, Theologie studieren zu dürfen und ein geistliches Amt zu bekleiden. Das „kirchliche Arbeitsfeld“, das für sie und die anderen Theologinnen vorgesehen war, war die Innere Mission oder die Arbeit in Frauengefängnissen. Sie legte ihr erstes theologisches Examen im März 1932 ab.
„Während des Studiums habe ich mich besonders mit Kirchen – und Dogmengeschichte befasst. Starke theologische Impulse haben mir die Schriften von Karl Barth vermittelt.“
Die Prägung durch ihr Elternhaus und die Schwerpunkte in ihrem Studium werden mit zu einer ihrer Entscheidungen geführt haben, die ihre Berufsaussichten zusätzlich erschwerten. Im Laufe ihres Lehrvikariates schloss sie sich im Mai 1933 dem Pfarrernotbund an. Sie zog ihre Meldung zum zweiten theologischen Examen beim Berliner Konsistorium zurück, weil sie nicht von Mitgliedern der Deutschen Christen geprüft werden wollte. Stattdessen legte sie es im November 1935 vor dem Prüfungsausschuss der Bekennenden Kirche ab. Zu dem Zeitpunkt war sie schon zwei Jahre in der Inneren Mission der damals freien Stadt Danzig tätig gewesen. Sie arbeitete im Jugenddienst, betreute ein Heim, unterrichtete an einer Schule. Diese Aufgaben führte sie auch nach ihrem Lehrvikariat fort, nun als Vikarin.
1936 schildert sie ihre Arbeit in den „Mitteilungen des Verbandes evangelischer Theologinnen Deutschlands“ mit den Worten:
„Ein kleines, abgetrenntes schwer umkämpftes Gebiet ist Danzig, aber ein reiches Arbeitsfeld. Wir spüren in unserer Frauenhilfsarbeit - ob es Mütterarbeit, die mit den Bezirkshelferinnen oder sonst ein Gebiet sei - etwas von dem Hunger nach Gottes Wort, der heute durch unsere Kirche geht. Wer mithelfen kann, diesen Hunger zu stillen, kann nur mit Dank auf diese Arbeit sehen.“
Ihr reiches Arbeitsfeld wurde mit Kriegsausbruch 19939 noch umfangreicher. Auf einmal durfte sie das tun, was ihr vorher verwehrt war: Gottesdienst in den Stadt- und Land gemeinden halten, Taufen, Trauen, Beerdigen, Abendmahl feiern. Kurz: alle Aufgaben des Pfarramtes ausüben und ab 1943 auch für zwei Landgemeinden verantwortlich sein.
Sie blieb über das Kriegsende hinaus in Danzig. Im August 1945 wurde sie ausgewiesen und ging nach Berlin . Dort fand sie keine Anstellung in der brandenburgischen Kirche, weil diese Pastoren aus den Ostgebieten unterbringen musste. Sie ging dann mit der „Aktion Storch“ nach Ostfriesland. D.h. sie begleitete tausende von Berliner Kindern, die die Briten aus Schutz vor dem ersten Nachkriegswinter aus der Stadt evakuierten. Von dort aus ergab sich für sie ein neues Arbeitsgebiet in der hannoverschen Landeskirche.
So kam sie 1947 als Pfarramtshelferin mit einem Monatsgehalt von 170 Reichsmark nach Bad Rothenfelde. 1949 wurde sie Stelleninhaberin der neu errichteten Vikarinnenstelle. Der Kirchenvorstand sah, dass sie besonders befähigt sei für die Seelsorge an den vielen Flüchtlingen und in dem damals noch bestehenden Waldkrankenhaus.
Im Jahre 1950 meldete ein Pastor aus der Nachbarschaft dem hiesigen Superintendenten Hafner:
„Ihm sei zu Ohren gekommen, dass die Vikarin Schneemelcher im Hauptgottesdienst am Sonntagmorgen gepredigt habe. Diese Predigt einer Frau sein gegen kirchliche Ordnung und überdies in den Paulusbriefen untersagt. Der Superintendent antwortete: In seiner Vertretung und mit seiner Zustimmung habe seine Vikarin die Predigt gehalten und werde das auch in Zukunft tun. Was die Bedenken des Kollegen wegen mangelnder Beachtung der Vorschriften aus 1. Kor 11 V 10 angehe, so wolle er Frau Schneemelcher anheimstellen, auf der Kanzel ihr Dienstbarett zu tragen.“
Eine andere kuriose Episode aus ihrem Berufsleben hat das Landeskirchenamt verursacht. 1970 errichtete man in der Gemeinde die Pfarrstelle II. Die Landeskirche wollte ein förmliches Besetzungsverfahren einleiten und verlangte eine Aufstellungspredigt und eine KU-Probe von ihr. Dagegen hat sich der Kirchenvorstand verwehrt und darauf verwiesen, dass Pastorin Schneemelcher seit 1947 in der Gemeinde tätig sei und es schlechterdings nicht vermittelbar sei, weshalb eine solch verdiente und geachtete Pastorin dieses alles noch absolvieren solle. Das Landeskirchenamt hat dann auch nicht darauf bestanden.
Verdient und geachtet, hoch geschätzt, eine zierliche Dame, hochgebildet, ernst, aber sehr freundlich - das sind einige Eindrücke der Gemeindemitglieder. Sie war engagiert tätig in der Gemeinde und der Begleitung der Kriegsdienstverweigerer und gemeinsam mit Superintendent Engel in der Christlichen Friedenkonferenz. Sie war Pionierin in der Zusammenarbeit mit der katholischen Kirchengemeinde, als sie gemeinsam mit einer Dame aus der katholischen Gemeinde in den 60ger Jahren den ökumenischen Seniorenkreis gründete. Manchmal war sie ein wenig vergesslich und Ordnung sah sie als zweitrangig an. Wichtiger war dies: dass sie Predigten hielt, die den ZuhörerInnen noch lange im Gedächtnis blieben. Sie war Streiterin für „ihre Kinder“: als ihre Nachfolgerin einen Konfirmandenjahrgang nicht konfirmieren wollte, hat sie dies kurzerhand übernommen. Da war sie schon fast 71 Jahre alt. Sie war nämlich auch erst mit fast 70 Jahren in Ruhestand gegangen. Mehrmals hatte die Landeskirche einer Verlängerung ihrer Dienstzeit zugestimmt, bis zum 31. März 1976. So kommt es, dass es über sie heißt: 30 Jahre Pastorin in Bad Rothenfelde.
Sie hat hier den Weg geebnet für Frauen im Pfarramt. Denn: “Wir sind immer gut gefahren mit einer Frau neben dem Pastor.“, hieß es im Kirchenvorstand bei einer der späteren Wiederbesetzungen der Pfarrstelle.
Einmal noch möchte ich Elisabeth Schneemelcher selber zu Wort kommen lassen:
„Mit großer innerer Anteilnahme besuchte ich den Konfirmandenunterricht bei meinem Vater bis zur Einsegnung am 23. März 1922. In diesen Stunden wurde uns die Person Jesu Christi lebendig vor Augen gestellt als des Herrn, dem zu folgen höchstes und bestes Lebensziel ist. Mein Konfirmationsspruch Rö 8, 28 und 35 hat mir in allem wechselvollen Erleben Halt und Richtung gegeben.“
Dass dem so war, haben die Menschen gespürt und spiegelt sich bis heute in den Erzählungen über die Vikarin und Pastorin Elisabeth Schneemelcher wieder und gehört zu den dankbaren Erinnerungen an sie.
Bibelstellen:
1.Kor 11, 10: Darum soll die Frau eine Macht (=Schleier) auf dem Haupt haben, um der Engel willen.
Römer 8, 28: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.
Römer 8,35: Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?
Die Zitate im Text entstammen einem nicht veröffentlichten Manuskript eines Neffen von Frau Schneemelcher
Pastorin Gesine Jacobskötter, Bad Rothenfelde
1927 legte sie an einem humanistischen Mädchengymnasium ihr Abitur ab.
„ Schon immer war es mein Wunsch, als Lebensberuf ein kirchliches Arbeitsfeld zu wählen. So entschloss ich mich, Theologie zu studieren, um Vikarin zu werden.“
Das bedeutete 1927 die Entscheidung für ein Leben in der zweiten Reihe. Für Frauen wie Elisabeth Schneemelcher war es schon ein Fortschritt, Theologie studieren zu dürfen und ein geistliches Amt zu bekleiden. Das „kirchliche Arbeitsfeld“, das für sie und die anderen Theologinnen vorgesehen war, war die Innere Mission oder die Arbeit in Frauengefängnissen. Sie legte ihr erstes theologisches Examen im März 1932 ab.
„Während des Studiums habe ich mich besonders mit Kirchen – und Dogmengeschichte befasst. Starke theologische Impulse haben mir die Schriften von Karl Barth vermittelt.“
Die Prägung durch ihr Elternhaus und die Schwerpunkte in ihrem Studium werden mit zu einer ihrer Entscheidungen geführt haben, die ihre Berufsaussichten zusätzlich erschwerten. Im Laufe ihres Lehrvikariates schloss sie sich im Mai 1933 dem Pfarrernotbund an. Sie zog ihre Meldung zum zweiten theologischen Examen beim Berliner Konsistorium zurück, weil sie nicht von Mitgliedern der Deutschen Christen geprüft werden wollte. Stattdessen legte sie es im November 1935 vor dem Prüfungsausschuss der Bekennenden Kirche ab. Zu dem Zeitpunkt war sie schon zwei Jahre in der Inneren Mission der damals freien Stadt Danzig tätig gewesen. Sie arbeitete im Jugenddienst, betreute ein Heim, unterrichtete an einer Schule. Diese Aufgaben führte sie auch nach ihrem Lehrvikariat fort, nun als Vikarin.
1936 schildert sie ihre Arbeit in den „Mitteilungen des Verbandes evangelischer Theologinnen Deutschlands“ mit den Worten:
„Ein kleines, abgetrenntes schwer umkämpftes Gebiet ist Danzig, aber ein reiches Arbeitsfeld. Wir spüren in unserer Frauenhilfsarbeit - ob es Mütterarbeit, die mit den Bezirkshelferinnen oder sonst ein Gebiet sei - etwas von dem Hunger nach Gottes Wort, der heute durch unsere Kirche geht. Wer mithelfen kann, diesen Hunger zu stillen, kann nur mit Dank auf diese Arbeit sehen.“
Ihr reiches Arbeitsfeld wurde mit Kriegsausbruch 19939 noch umfangreicher. Auf einmal durfte sie das tun, was ihr vorher verwehrt war: Gottesdienst in den Stadt- und Land gemeinden halten, Taufen, Trauen, Beerdigen, Abendmahl feiern. Kurz: alle Aufgaben des Pfarramtes ausüben und ab 1943 auch für zwei Landgemeinden verantwortlich sein.
Sie blieb über das Kriegsende hinaus in Danzig. Im August 1945 wurde sie ausgewiesen und ging nach Berlin . Dort fand sie keine Anstellung in der brandenburgischen Kirche, weil diese Pastoren aus den Ostgebieten unterbringen musste. Sie ging dann mit der „Aktion Storch“ nach Ostfriesland. D.h. sie begleitete tausende von Berliner Kindern, die die Briten aus Schutz vor dem ersten Nachkriegswinter aus der Stadt evakuierten. Von dort aus ergab sich für sie ein neues Arbeitsgebiet in der hannoverschen Landeskirche.
So kam sie 1947 als Pfarramtshelferin mit einem Monatsgehalt von 170 Reichsmark nach Bad Rothenfelde. 1949 wurde sie Stelleninhaberin der neu errichteten Vikarinnenstelle. Der Kirchenvorstand sah, dass sie besonders befähigt sei für die Seelsorge an den vielen Flüchtlingen und in dem damals noch bestehenden Waldkrankenhaus.
Im Jahre 1950 meldete ein Pastor aus der Nachbarschaft dem hiesigen Superintendenten Hafner:
„Ihm sei zu Ohren gekommen, dass die Vikarin Schneemelcher im Hauptgottesdienst am Sonntagmorgen gepredigt habe. Diese Predigt einer Frau sein gegen kirchliche Ordnung und überdies in den Paulusbriefen untersagt. Der Superintendent antwortete: In seiner Vertretung und mit seiner Zustimmung habe seine Vikarin die Predigt gehalten und werde das auch in Zukunft tun. Was die Bedenken des Kollegen wegen mangelnder Beachtung der Vorschriften aus 1. Kor 11 V 10 angehe, so wolle er Frau Schneemelcher anheimstellen, auf der Kanzel ihr Dienstbarett zu tragen.“
Eine andere kuriose Episode aus ihrem Berufsleben hat das Landeskirchenamt verursacht. 1970 errichtete man in der Gemeinde die Pfarrstelle II. Die Landeskirche wollte ein förmliches Besetzungsverfahren einleiten und verlangte eine Aufstellungspredigt und eine KU-Probe von ihr. Dagegen hat sich der Kirchenvorstand verwehrt und darauf verwiesen, dass Pastorin Schneemelcher seit 1947 in der Gemeinde tätig sei und es schlechterdings nicht vermittelbar sei, weshalb eine solch verdiente und geachtete Pastorin dieses alles noch absolvieren solle. Das Landeskirchenamt hat dann auch nicht darauf bestanden.
Verdient und geachtet, hoch geschätzt, eine zierliche Dame, hochgebildet, ernst, aber sehr freundlich - das sind einige Eindrücke der Gemeindemitglieder. Sie war engagiert tätig in der Gemeinde und der Begleitung der Kriegsdienstverweigerer und gemeinsam mit Superintendent Engel in der Christlichen Friedenkonferenz. Sie war Pionierin in der Zusammenarbeit mit der katholischen Kirchengemeinde, als sie gemeinsam mit einer Dame aus der katholischen Gemeinde in den 60ger Jahren den ökumenischen Seniorenkreis gründete. Manchmal war sie ein wenig vergesslich und Ordnung sah sie als zweitrangig an. Wichtiger war dies: dass sie Predigten hielt, die den ZuhörerInnen noch lange im Gedächtnis blieben. Sie war Streiterin für „ihre Kinder“: als ihre Nachfolgerin einen Konfirmandenjahrgang nicht konfirmieren wollte, hat sie dies kurzerhand übernommen. Da war sie schon fast 71 Jahre alt. Sie war nämlich auch erst mit fast 70 Jahren in Ruhestand gegangen. Mehrmals hatte die Landeskirche einer Verlängerung ihrer Dienstzeit zugestimmt, bis zum 31. März 1976. So kommt es, dass es über sie heißt: 30 Jahre Pastorin in Bad Rothenfelde.
Sie hat hier den Weg geebnet für Frauen im Pfarramt. Denn: “Wir sind immer gut gefahren mit einer Frau neben dem Pastor.“, hieß es im Kirchenvorstand bei einer der späteren Wiederbesetzungen der Pfarrstelle.
Einmal noch möchte ich Elisabeth Schneemelcher selber zu Wort kommen lassen:
„Mit großer innerer Anteilnahme besuchte ich den Konfirmandenunterricht bei meinem Vater bis zur Einsegnung am 23. März 1922. In diesen Stunden wurde uns die Person Jesu Christi lebendig vor Augen gestellt als des Herrn, dem zu folgen höchstes und bestes Lebensziel ist. Mein Konfirmationsspruch Rö 8, 28 und 35 hat mir in allem wechselvollen Erleben Halt und Richtung gegeben.“
Dass dem so war, haben die Menschen gespürt und spiegelt sich bis heute in den Erzählungen über die Vikarin und Pastorin Elisabeth Schneemelcher wieder und gehört zu den dankbaren Erinnerungen an sie.
Bibelstellen:
1.Kor 11, 10: Darum soll die Frau eine Macht (=Schleier) auf dem Haupt haben, um der Engel willen.
Römer 8, 28: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.
Römer 8,35: Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?
Die Zitate im Text entstammen einem nicht veröffentlichten Manuskript eines Neffen von Frau Schneemelcher
Pastorin Gesine Jacobskötter, Bad Rothenfelde